Tagung

Am 23. und 24.09.2021 richtete das Institut für Recht und Digitalisierung Trier (IRDT), Universität Trier die präsente wissenschaftliche Tagung zur algorithmisierten Rechtsdurchsetzung aus.


Hier können Sie das Programm einsehen
Die Tagung wurde gefördert von:
 

Die Digitalisierung ermöglicht in immer mehr Bereichen einen Grad an Rechtsdurchsetzung, der bisher undenkbar war.


Auf den ersten Blick ist das erfreulich. Recht wird erlassen, damit es befolgt wird. Rechtliche Normen, die konstant gebrochen werden, verlieren ihren Geltungsanspruch. Zudem verbessert eine erhöhte Normbefolgung den individuellen Rechtsschutz. Wenn technische Mittel sicherstellen, dass Autos nicht schneller als erlaubt und insbesondere nicht von einem Betrunkenen gefahren werden können, rettet das Menschenleben. Lässt sich ein auf Kredit gekauftes Auto nicht mehr starten, wenn eine fällige Kreditrate ausbleibt, erhöht das die Zahlungswahrscheinlichkeit und verringert die Notwendigkeit, Gerichte in Anspruch zu nehmen. Das senkt die Kosten für Kredite und steigert die Bereitschaft, diese zu vergeben. Dies scheint dafür zu sprechen, dass der Gesetzgeber so weit wie möglich die Normbefolgung durch Technik sicherstellen bzw. entsprechende private Rechtspraktiken erlauben sollte (compliance by design?)

Auf den zweiten Blick stellen sich aber einige grundlegende Fragen: Kann man eigentlich noch von Recht sprechen, wenn Regeln von den Normunterworfenen nicht in erster Linie freiwillig befolgt werden, sondern weil sie im Wesentlichen nicht anders handeln können? Muss es die Freiheit geben, gegen Recht verstoßen zu können, auch wenn der Rechtsbruch später sanktioniert wird? In welchen Bereichen wollen wir in einer freiheitlichen Gesellschaft tatsächlich vollständige Normbefolgung erreichen? Insbesondere muss bedacht werden, dass sich gesellschaftlicher und sozialer Wandel häufig von den Rändern des sozial und rechtlich Akzeptierten her entwickelt. Das Ausloten von Graubereichen und das Festlegen des rechtlich Erlaubten in einem gerichtlichen Aushandlungsprozess gehören zu einer freiheitlichen Rechtsordnung. Beispielsweise hätte sich das soziale Phänomen von Internet- Memes kaum entwickeln können, wenn deren Upload auf große Internetplattformen technisch wegen entgegenstehender Urheberrechte verhindert worden wäre. Provokant könnte man also fragen: Gibt es ein Recht auf Rechtsbruch? Und schließlich: Was definiert den Kern von Recht in einer zunehmend digitalen Gesellschaft?

Die Themen haben wir auf der wissenschaftlichen Tagung des Instituts für Recht und Digitalisierung Trier (IRDT) intensiv und intradisziplinär diskutiert.

Redner


  • Präsident der Universität Trier, Prof. Dr. Michael Jäckel
  • Prof. Dr. Friederike Wapler, Universität Mainz
  • Prof. Dr. Gerald Spindler, Universität Göttingen
  • RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Dr. h. c. Gertrude Lübbe-Wolff, Universität Bielefeld
  • Prof. Dr. Annette Guckelberger, Universität des Saarlandes
  • Prof. Dr. Kristin Shi-Kupfer, Universität Trier
  • Prof. Dr. Matthias Bäcker, Universität Mainz
  • JProf. Linda Kuschel, LL.M., Bucerius Law School
  • Prof. Dr. Dr. Alexander Morell, Universität Mannheim
  • Prof. Dr. Gerhard Wagner, Humboldt-Universität zu Berlin