Im Rahmen der Forschungsinitiative RLP hat das IRDT unter der Federführung von Prof. Dr. Antje von Ungern-Sternberg ein Forschungsprojekt zum Thema „Digitale Souveränität Europas (DigitS EU)“ auf den Weg gebracht. Hierzu wurde nun die Zielvereinbarung von Wissenschaftsminister Clemens Hoch und Universitätspräsidentin Prof. Dr. Eva Martha Eckkrammer unterzeichnet.
Die Europäische Union begegnet den Herausforderungen des digitalen Wandels mit dem Versuch, europäische Vorstellungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens durch Gesetzgebung abzusichern. Dazu verabschiedet die EU derzeit umfangreiche Gesetzespakete,
- um ein sicheres und vertrauenswürdiges Online-Umfeld zu gewährleisten und schädliche Inhalte auf Online-Plattformen zu bekämpfen (Digital Services Act),
- einen fairen Wettbewerb der großen Digitalkonzerne herzustellen (Digital Markets Act),
- die Potentiale der künstlichen Intelligenz nutzbar zu machen und ihre Risiken einzuhegen (AI Act-Entwurf) sowie
- die Datenschätze öffentlicher Stellen und der Wirtschaft zu erschließen (Data Governance Act; Data Act-Entwurf).
DigitS EU will die Kreation einer eigenständigen europäischen Digitalordnung und die damit verbundenen Anstrengungen der EU, sich gegenüber internationalen Digitalkonzernen und konkurrierenden Rechtsordnungen zu behaupten, interdisziplinär wissenschaftlich begleiten. Als Bezugsrahmen dienen grundrechtsorientierte Wertvorstellungen und Normen zum Schutz marktwirtschaftlicher Freiheit, sozialer Verantwortung und pluralistischer Meinungsbildung.
Im Mittelpunkt von DigitS EU stehen Reaktionen und Auswirkungen des Rechts auf die Veränderung aller Lebensbereiche durch die Digitalisierung und die mit ihr einhergehenden Entwicklungen (Datafizierung, Plattfomisierung, Algorithmisierung). Hierbei widmet sich das Forschungsfeld I. „Digitaler Rechtsraum EU“ rechtswissenschaftlichen Fragen zur Gatekeeperrolle der Digitalplattformen, zum Schlüsselkonzept der Verantwortung sowie zur Definition und zur Behandlung von Desinformationen (etwa in Gestalt von Deepfakes). Forschungsfeld II. eruiert die „Empirie der Online-Meinungsbildung“, indem es insbesondere die neugeschaffenen gesetzlichen Datenzugänge nutzt, um ggf. polarisierende oder fragmentierende Auswirkungen von Plattform-Algorithmen durch Simulation und empirische Messung zu ermitteln. Außerdem sollen die Rollen der neuen „Meinungsführer“ sowie des klassischen Journalismus unter den Bedingungen der Digitalität bestimmt werden. Forschungsfeld III. wendet sich der „Konkurrenz der Systeme“ zu, indem es Strategien der betroffenen Unternehmen zur Vermeidung der EU-Rechtsordnung und Chinas Rolle als Gegenspieler der EU untersucht.
DigitS EU entwickelt den universitären Profilbereich „Daten, Modellierung und Simulation“ weiter, wobei es gleichzeitig eine Brücke zum Profilbereich „Gesellschaft, Sprachen und Kulturen im Wandel“ schlägt. Zudem leistet das Projekt einen sichtbaren Beitrag zur Digitalstrategie des Landes Rheinland-Pfalz, die zentrale Rahmenbedingungen wie die Transformation von Wirtschafts- und Arbeitswelt durch Digitalisierung wirkungsvoll und im Interesse der Menschen gestalten will. Dazu wollen wir mit Konzepten für eine folgenorientierte und grundrechtsgeleitete Gestaltung der Digitalisierung von Recht, Politik und Wirtschaft beitragen.