Tech & Literature 2023 • Rezension von Yvonne Düpre
Der Roman “Der Circle“ des amerikanischen Schriftstellers Dave Eggers aus dem Jahr 2013 befasst sich mit der fiktiven Firma „The Circle“, die den heute herrschenden Digitalgiganten nachempfunden ist. Das Werk schildert die Möglichkeiten und Risiken, die eine umfassende soziale Kontrolle durch immer transparenter werdende Social Media Accounts mit sich bringt.
Die Hauptprotagonistin Mae Holland wird zunächst als neue Mitarbeiterin bei dem Großunternehmen „Der Circle“ im Bereich „Costumer Experience“ zur Bearbeitung von Kundenfragen eingesetzt. „Der Circle“ hat alle Großunternehmen wie Google, Apple, Facebook und Co. aufgekauft und stattet seine Nutzer mit einer einzigen personalisierten Internetidentität aus. Erforderlich hierfür ist die totale Transparenz der Nutzer, wodurch zukünftig Kriminalität, Desinformationen und Hass im Netz unterbunden werden sollen.
Im Laufe der Handlung wird die Protagonistin Mae immer mehr an ihre Online-Identität gebunden und gibt ihr privates Leben immer mehr der Öffentlichkeit preis, indem sie sich unter anderem mit einer Kamera ausstattet, über die sie Tag und Nacht jeden ihrer Schritte mit der Internetgemeinschaft teilt. Datenschutz und Privatsphäre verlieren zunehmend an Bedeutung, soziale Kontakte außerhalb des „Circle“ werden von der Führungseben nach und nach unterbunden. Die Datensammlung des „Circle“wächst, Persönlichkeitsrechte und Datenschutz sind zwischenzeitlich nahezu vollständig ausgehebelt und Mae zahlt nach und nach den schmerzlichen Preis für ihre totale Transparenz. Am Ende des Werkes entscheidet sich dann, ob Mae die erforderliche Resilienz aufweist, um dem wachsenden Druck des immer stärker werdenden Digitalgiganten standzuhalten. Es kommt zu einem spannenden Showdown, der unverkennbar einen Gewinner und einen Verlierer zurücklässt.
Das Buch von Dave Eggers könnte schnell als düstere Dystopie a la „Brave New World“ von Aldous Huxley abgetan werden. Einige Kritiker führten an, das Buch sei klischeehaft und vorhersehbar. Aus meiner Sicht handelt es sich bei dem Werk aber um einen durchaus gelungenen und empfehlenswerten Roman, der seine Leser zum Nachdenken anregt. Die mahnende Wirkung des Buches ist nicht zu verkennen und führt dazu, dass der Leser hinterfragt, wie viel er selbst von sich preiszugeben bereit ist und welche Konsequenzen mit einer totalen Überwachung einhergehen können. Nach Abschluss des Buches steht daher die altbekannte Frage im Raum: „Wie viele persönliche Freiheiten und Rechte sind wir bereit aufzugeben, um eine lückenlose Überwachung unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Kriminalität zu gewährleisten?“
Der Roman von Dave Eggers lohnt sich somit nicht nur für Thriller- und Science-Fiction-Fans, sondern für alle, die sich mit hochbrisanten Fragen auseinandersetzen wollen, die der Fortschritt der Digitalisierung mit sich bringt.