Fordert die künstliche Intelligenz unser klassisches Verständnis von demokratischer Meinungsbildung und Herrschaftsausübung heraus? Hierzu ist nun der Sammelband „Demokratie und künstliche Intelligenz“, herausgegeben von Prof. Dr. Sebastian Unger und Institutsdirektorin Prof. Dr. Antje von Ungern-Sternberg, im Mohr Siebeck Verlag erschienen.
Die Beiträge thematisieren, wie intelligente Computerprogramme den Prozess der demokratischen Meinungsbildung und der demokratischen Herrschaftsausübung verändern und wie sie – angesichts neuer Formen der Beeinflussung und Manipulation im Netz und eines geschwächten demokratischen Zurechnungszusammenhangs beim Einsatz von KI durch Hoheitsträger – die theoretischen Grundannahmen und die rechtliche Ausgestaltung der Demokratie herausfordern. Der Band entfaltet die Implikationen für das im Grundgesetz gewährleistete Demokratieprinzip und gibt Antworten auf die Frage, wie unser Verständnis von Demokratie als Legitimationsordnung angesichts des technischen Fortschritts fortentwickelt werden kann, ohne dass zentrale Errungenschaften verloren gehen. Das Buch trägt zugleich zur allgemeinen Diskussion über die Veränderung der Öffentlichkeit und den Stellenwert des Menschen im Zeitalter der Digitalisierung bei.
Prof. Dr. Antje von Ungern-Sternberg befasst sich in ihrem Beitrag „Demokratische Meinungsbildung“ mit der Frage, wie sich der Einsatz künstlicher Intelligenz in Form „intelligenter“ Programme zur Vermittlung von politisch relevanten Informationen an Internetnutzer auf die Meinungsbildung auswirkt. Der Einsatz von Such- und Sortieralgorithmen, aber auch der gezielte Manipulationsversuch über Fake News und Social Bots verändert hierbei, wie von Ungern-Sternberg darlegt, die Mechanismen der Meinungsbildung erheblich. Diesem Einfluss Künstlicher Intelligenz auf die Meinungsbildung sind Demokratie und Recht nach Ansicht der Autorin aber nicht hilflos ausgeliefert. Insbesondere bei Wählerbeeinflussungen müssten Manipulationen ihre Grenze in der Autonomie des Wählers finden. Schutzmöglichkeiten fänden sich schon im bestehenden Recht – vom Wahlrecht über den Datenschutz und die Kommunikationsgrundrechte bis hin zum Medienrecht. Darüber hinaus seien unterschiedliche Regelungsansätze de lege ferenda denkbar.
Ab sofort ist das Werk unter der ISBN 978-3-16-158194-6 erhältlich.