Tech & Literature 2023 • Rezension von JProf. Dr. Lea Katharina Kumkar
„How the Original Hacking Supergroup Might Just Save the World” lautet der Untertitel zu Joseph Menns Buch „Cult of the Dead Cow” und deutet damit auf eine – zumindest für Leser außerhalb der Hacking-Szene – unerwartete Erkenntnis hin: Hacking als Instrument für den Schutz von Privatheit und Demokratie? Wie das zusammen passt, beleuchtet Joseph Menn in seinem Buch zur Geschichte und Entwicklung von Amerikas ältester und bekanntester Hackergruppe, dem „Cult of the Dead Cow“ (cDc), und bietet damit zugleich tiefe Einblicke in die Hackerkultur als solche, ihre Charaktere, Motive und ethischen Prinzipien sowie die Entstehung des „Hacktivismus“.
Das Buch begleitet die Entstehung des „Cult of the Dead Cow“ – einer Hackergruppe, die sich in den 1980er-Jahren in den Vereinigten Staaten gründete und in der Folgezeit eine bedeutende Rolle für die Entstehung der Bewegung des ethisch/politisch motivierten Hackings (sog. Hacktivismus) spielte. Menn präsentiert die zentralen Akteure des cDc, ihre gemeinsamen Beweggründe, aber auch Konflikte, und diskutiert, wie das Engagement der Gruppe den öffentlichen Diskurs über Cybersicherheit, Privatsphäre und Informationsfreiheit beeinflusst hat. En passant setzt sich Menn auf diese Weise auch mit dem Konzept des Hacktivismus und der Frage auseinander, ob und unter welchen Voraussetzungen Hacking als politisches Instrument gerechtfertigt sein kann.
Joseph Menns Buch besticht durch seine sorgfältige Recherche und eine eingängige Darstellung; selbst komplexe technische Vorgänge werden verständlich aufbereitet. Auch gelingt es Menn, den historischen Kontext des cDc und die Bedeutung des Hacktivismus für die heutige, digitale Welt für den Leser fesselnd darzustellen und bietet auf diese Weise wertvolle Einblicke in die versteckte Welt der Hackerkultur. Neben der ausgesprochen interessanten Darstellung der inneren Dynamik der Gruppe, ist es gerade auch Menns Auseinandersetzung mit ihrer Außenwahrnehmung, die zum weiteren Nachdenken anregt: Von den einen gefeiert, von den anderen gefürchtet – eine klare Positionierung zum „Hacktivismus“ fällt nicht leicht. An dieser Stelle hätte sich der Leser vielleicht gewünscht, dass das Buch etwas mehr in die Tiefe geht: Die weiterführenden politischen und rechtlichen Dimensionen des Hacking-Aktivismus, einschließlich seiner Auswirkungen auf globale Sicherheitsfragen, werden nur in Ansätzen diskutiert, bieten aber in jedem Fall viel Stoff für intensive Diskussionen jenseits der Lektüre.
Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch an der Schnittstelle von Ethik und Technologie und besonders interessant für alle, die mehr über die geheimnisvolle Welt der Hacker-Gruppen erfahren möchten!