Tech & Literature 2020Rezension von Lydia Wolff

Das Werk „Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft“ von Joseph Weizenbaum gehört zu den lesenswerten Klassikern der rechtsphilosophischen Fragen der Digitalisierung von Entscheidungsprozessen. Beachtlich angesichts seines Erscheinens im Jahre 1978 ist, wie tagesaktuell die angesprochenen Probleme wirken. Auch wenn Computer zum Veröffentlichungszeitraum noch ganze Räume und Gebäude füllten, waren dem Autoren – als ausgewiesenem Experten auf diesem Gebiet – Überlegungen, wie die über die Simulierung menschlicher Fähigkeiten durch künstliche Intelligenz, nicht fremd.

Er steht einer euphorischen Überhöhung dieser Fähigkeiten aber sehr kritisch gegenüber. Anlass dieser kritischen Haltung waren eigene Erfahrungen bei Experimenten mit einer von ihm entwickelten Psychoanalysesimulationssoftware, deren zunehmende Vermenschlichung er besorgt beobachtete. In zehn Kapiteln auf knapp 400 Seiten versucht er daher ein Grundverständnis für die Unterschiede zwischen menschlichem Denken und Kommunizieren und algorithmischer Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung zu vermitteln. Zu seinen hervorstechendsten Thesen zählt, dass nur Menschen Probleme auf menschliche Weise lösen könnten, da ihr Problemverständnis maßgeblich durch emotionale und biologische Voraussetzungen und Bedürfnisse geprägt sei. Die äußerste Grenze für die Simulierung von Personen durch Computer sieht er deshalb nicht in der Begrenzung technischer Fähigkeiten, sondern darin, dass einige Aufgaben diesen schlicht nicht übertragen werden sollten.

Kernthesen:

  • Der Mensch ist keine Maschine, sein Geist ist Produkt seiner Entwicklung, seiner Erfahrungen und der Gesellschaft, in der er sich befindet. Dies eröffnet ihm einen Wissensschatz, der mehr ist als reine Informationsverarbeitung.
  • Daher sollten bestimmte Aufgaben Computern nicht übertragen werden, auch wenn diese zu ihrer Lösung eingesetzt werden könnten.